Einleitung

Die Brüder Martin und Gottfried Heubach bilden ein eingespieltes Camper-Team. Martin fährt und ist für die Technik zuständig. Gottfried schreibt und fotografiert. 2018 waren die Brüder im französischen Burgund unterwegs. 2020 bereisten sie Sachsen-Anhalt auf der „Straße der Romanik“. Nun wagten sie sich mit einem L!VE I 900 LEG für 12 Tage in die Berge Umbriens. Ein launiger Reisebericht aus dem grünen Herzen Italiens.

Eigentlich hatten wir ja vor, in der ersten Nacht in einer gemütlichen Ecke auf einem Parkplatz zu übernachten. Der L!VE I 900 verfügt über großzügige sanitäre Einrichtungen – wir waren also nicht auf Campingplätze angewiesen. Aber nach der österreichisch-italienischen Grenze kamen lange weder Ausfahrt noch Parkplatz. Schließlich landeten wir auf einem Rastplatz, zwischen großen LKWs in grellem Scheinwerferlicht. Vorteil: Man konnte uns nicht heimlich beklauen. Und am nächsten Morgen ging es schon früh wieder weiter.

So hatten wir Zeit, über San Marino zu fahren. Dort geht es auf engen Serpentinen über 1000 m hoch und später ins Tibertal wieder auf 400 m runter. Der L!VE I bewältigte diese und noch viele weitere Gebirgsstrecken dank des PS-starken Motors ohne Mühe. Die Fahrt entlang der Marécchia war spektakulär. Auf den Höhen Burgen und Kirchen, unten der wilde Fluss. Und dazwischen einsame Weiler.

Gubbio

Unsere erste Station in Umbrien ist die Altstadt von Gubbio. Man hat alles Moderne unterhalb des mittelalterlichen Stadtkerns angesiedelt, so dass das historische Stadtbild durch nichts gestört wird. Interessanterweise dürfen Anwohner fast überall parken, denn Garagen, Parkplätze oder gar Tiefgaragen gibt es im alten Stadtkern keine. Selbst in schmalsten Gassen steht Auto an Auto.

Die anschließende Fahrt über die Berge Richtung Assisi war sehr schön. Überall Türme und Burgen. Vom Campingplatz führt ein ebener Spazierweg in zehn Minuten zur Stadt. Diesen Weg gingen wir am nächsten Morgen, vorbei an duftend blühendem Flieder und Weißdorn, mit einem weiten Blick über die Ebene und interessanten Durchblicken zur Burg.

Assisi

Assisi ist eine Pilgerstadt, deren Stadtbild von vielen Kirchen und Klöstern dominiert wird. Man kann nicht alle besichtigen, deshalb konzentrierten wir uns auf die wichtigsten: Das älteste Gotteshaus steht neben dem Rathaus. Gebaut wurde es als römischer Minerva-Tempel, dessen Fassade schon Goethe bewunderte. Innen wurde der Tempel in eine Kirche umgewandelt, schwerster dunkler Barock. Heute wird die Kirche von multitaskingfähigen Franziskaner-Patern unterhalten. Anschließend besichtigten wir den Dom San Rufino mit seiner wunderschönen, reich gestalteten romanischen Fassade, einer ziemlich enttäuschenden Innenausstattung und einer beeindruckenden Krypta.

Wahrzeichen der Stadt ist die Basilika San Francesco. Unter- und Oberkirche sind komplett ausgemalt mit Gemälden, die zum Teil schon achthundert Jahre alt sind, und doch unglaublich lebendig wirken. Ein Tag reicht nicht, um sie alle anzusehen

„Fontemaggio“, unser Zeltplatz, liegt ideal, nicht nur für die Stadt, sondern auch als Ausgangspunkt für Wanderungen auf den Monte Subasio. Zunächst geht es steil aufwärts zur Eremo Delle Carceri. In diese Einsamkeit zog sich der Heilige Franziskus zurück, wenn er in der Stille beten wollte. Die urtümlichen Innenräume des kleinen Klosters, mit seinen niederen engen Türen, sind für Beleibte nicht zugänglich.

Von der Eremo führt ein einsamer Wanderweg weiter auf die Höhe. In den unteren Zonen wachsen tausende wilder Alpenveilchen. Die Höhen des Monte Subasio sind abgeholzt. Auf dem von blühenden Schlehen begrenzten Grün blühen lila und gelbe Orchideen, Schlüsselblumen und Märzrosen.

Auf der Weide stehen Pferde mit Fohlen, eine grobknochige, wenig anmutige Rasse. Der Himmel strahlt blau-weiß, die Rundumsicht ist herrlich. Fast wachsen uns Flügel. Von einer Stelle aus kann man Assisi sehen. Die Stadt leuchtete zwischen dunklen Waldhängen sonnenbeschienen aus ungewöhnlicher Perspektive. Beim Abstieg waren wir damit beschäftigt, unsere Knie zu schonen, denn immerhin ging es mehr als 600 Höhenmeter steil nach unten.

Bevagne

Unsere nächste Station war Bevagne, ein Campingplatz in totaler Einsamkeit. Ein großer Platz mit Pool, Schießbahn, einer sehr hilfsbereiten Empfangsdame und insgesamt zwei weiteren holländischen Campern, die sich auf der Weite des Platzes verloren. Idylle pur.

Am nächsten Tag erwartete uns herrliches Morgenlicht, Mohn am Wegrand, in der Ferne Zypressenreihen und dazwischen immer wieder tiefliegende Nebelschleier. Die Schönheit dieser Landschaft liegt in ihren Gegensätzen. Bevagna ist ein ganz kleines Städtchen, aber mit römischen Spuren, einem geschlossen mittelalterlichen Kern und zwei romanischen Kirchen die zusammen mit einem mittelalterlichen Rathaus einen wunderschönen kleinen Platz säumen.

Unser zweites Tagesziel war die Abbazia di Sassovivo, wunderschön einsam an einem Hang gelegen. Die Abtei ist berühmt für ihren romanischen Kreuzgang, den lauter zierliche Marmorsäulchen schmücken. Die ganze Anlage ist sorgfältig restauriert. Man kann überall rein, nirgends Wächter, kein Eintritt. Ein eigenartiges Gefühl, wenn man so durch leere, schöne Hallen geht und fotografiert.

Die Berge hier oben wurden 2016 von zwei schweren Erdbeben erschüttert. Je weiter wir fuhren, desto schlimmer wurden die Schäden. Neben zerstörten Ortskernen hat man Behelfshütten aufgebaut, manche nüchtern karg, andere mit kleinen Gärtchen wohnlich gestaltet. Die Straße wurde offensichtlich nach dem Erdbeben komplett neu gebaut – sie ist in einem besseren Zustand als alle Landstraßen, die wir bisher gefahren sind. So schraubten wir uns auf über 1400 m bis in die Wolken und zu Schneefetzen an den Hängen.

Castelluccio

Das Ziel dieses Tages, Castelluccio, liegt auf einem Hügel inmitten einer weiten Hochebene. Hier wächst kein Baum, nur gelegentlich ein paar Büsche. Im Talgrund ein Flickenteppich aus dunklen, fast schwarzen frisch gepflügten Feldern, steinweißen Äckern und grünen Weiden, auf denen Pferde und große Schafherden weiden. Am Himmel Wolken, die die Gipfel verhüllten und scharfe Schatten über die Hochebenen warfen.

Castelluccio wurde von den Erdbeben komplett zerstört. Die Ruinen sind abgesperrt. Aber man kann von der Rückseite her ungehindert hineingehen, in das, was das Erdbeben übrig ließ. Sehr bedrückend, verstörend, unheimlich. Seit dem Erdbeben wohnen nur noch vier oder fünf Menschen dauerhaft im Dorf. Alle anderen sind Saisonarbeiter, die etwas unterhalb in einem Containerdorf wohnen. Eine ganz eigene Welt, mit nichts zu vergleichen.

Als wir am nächsten Morgen aufstanden, war es empfindlich kalt und das Licht fahl und ungemütlich. Doch der Blick über die weite, baumlose Hochebene war grandios. Als eine große Pferdeherde vor uns die Straße überquerte, war die Wildwest-Stimmung perfekt.

Um aus der Hochfläche herauszufahren, mussten wir einen 1521 m hohen Pass am Monte Ventósila überqueren. Von dort hatten wir einen herrlichen Blick zum Monte Vettore, der mit seinem Schneegipfel (2476 m) die Gebirgskette überragt. Auf einer schönen Panoramastrasse ging es nach Norcia hinunter.

Norcia

Auf dem Parkplatz wurden wir auf eine ganz besondere Weise begrüßt. Ein Hirte führte seine Schafe auf den Platz. Sie umfluteten plötzlich unser Wohnmobil. Auch Norcia ist stark erdbebengeschädigt. Die meisten Kirchen sind bis auf die Grundmauern zusammengekracht. Aber im Gegensatz zu Castelluccio, wird hier überall gebaut. Mehrere große Kräne überragen weit die Altstadt. Direkt gegenüber der Stadtmauer wurde aus Baracken eine Einkaufsstraße aufgebaut, weiter außerhalb stehen Barackensiedlungen. Innerhalb der Stadtmauer wechseln sich gesperrte, unbewohnte mit offenen, teilweise bewohnten Straßenzügen ab. Leben in Trümmern. So ungefähr stelle ich mir zerbombte Städte nach dem zweiten Weltkrieg vor.

Von Norcia fuhren wir durch das Tal der Nera bis kurz vor Terni. Die Straße war über weite Strecken von frischgrünen und leuchtend lila blühenden Judas-Bäumen gesäumt. Der Kontrast zwischen dem herrlichen Blütenmeer und der kargen Hochebene von Castelluccio hätte nicht größer sein können.

Todi

Am nächsten Morgen führte uns die weitere Strecke entlang des Flusses Richtung Todi. Felshänge, halboffene Tunnels, klares Wasser begleiteten uns. Wie viele der alten umbrischen Städte liegt Todi an einem Hang. Vom Parkplatz führte eine kleine Seilbahn nach oben. Die Piazza del Popolo ist wunderschön. Nicht von ungefähr hat Fellini dort Filme gedreht, in Schwarzweiß mit langen Schatten auf dem Pflaster. Der Platz wird von der sehr beeindruckenden Kathedrale begrenzt, zu der eine ausladende Freitreppe führt.

In Todi gibt es einsame, enge Straßenzüge mit romantischen Durchgängen, man fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt, wie sonst nirgends. Den Turm von San Fortunato, der zweiten großen Kirche Todis, kann man besteigen. Schon der Aufstieg lohnt sich, die Treppe windet sich im Inneren entlang der Mauer und umschlingt einen hohen freien Raum. Von der Turmspitze bietet sich ein grandioser Ausblick. Die gotische Fassade dieser Kirche mit ihren außerordentlich fein gearbeiteten Gewänden beeindruckt ungemein, hunderte kleinster Figürchen aus hartem Stein, ziemlich genau 600 Jahre alt.

Lago Trasimono

Unsere letzte Station in Umbrien war der Lago Trasimono. Der Camping Listro in Castiglione del Lago ist groß und gut frequentiert. Man merkt, der See ist eine Camperhochburg. Vom Campingplatz wanderten wir entlang des Trasimono und um den Altstadthügel von Castiglione herum zur Bootsanlegestelle. Das Schiff fuhr uns in 20 Minuten zur Isola Maggiore, der größten der drei Trasimono-Inseln. Auf der Insel gibt es nur eine kurze, gepflasterte Strassenzeile, insgesamt vielleicht 30 Häuser und drei Kirchen. Alle anderen Wege auf der Insel sind nicht geteert. Auf der Hochfläche wachsen knorrige Olivenbäume auf kurz gehaltenem Gras, dazwischen blüht wilder Fenchel strahlend gelb. Ein tolles Bild!

Die Rückfahrt entlang des Gardasees war herrlich. Immer wieder beeindruckende Ausblicke auf Schneeberge. Wenig Autoverkehr, viele Radler. Kurz hintereinander zwei große Vergnügungsparks. Alles auf Tourismus ausgerichtet. Welch ein Kontrast zu den stillen Bergen Umbriens. Die Fahrt auf der Brennerautobahn, einer der spektakulärsten Straßen Europas, begeisterte uns total: Burgen und Dörfer bis in die höchsten Höhen, steile Weinberge, der wilde Fluss, gewaltige Brückenbauwerke.

Wir sind überaus dankbar, wie alles lief: Kein einziger Stau. Kein Berg zu steil. Keine Kurve zu eng. Wir kamen überall hinauf und hindurch. Am Wohnmobil keine Kratzer und keine Delle. Wir hatten viele nette Begegnungen. Wir sind begeistert von Umbrien. Und wir haben uns im KNAUS L!VE I 900 LEG sehr wohl gefühlt. Nur die Zeit war zu kurz: 12 Tage sind nicht genug, um die reiche Kulturlandschaft Umbriens auch nur ansatzweise zu erfassen.

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Im grünen Herzen Italiens: Mit dem L!VE I durch Umbrien
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Im grünen Herzen Italiens: Mit dem L!VE I durch Umbrien
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Die Brüder Martin und Gottfried Heubach sind im L!VE I unterwegs durch die schönen Berge Umbriens und bringen tolle Geschichten und Bilder mit. Jetzt lesen!
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