Einleitung
Fotografin Ulla Lohmann ist viel unterwegs. In einem SKY WAVE hatte sie sich schon auf die Suche nach dem höchsten “Berg” der Niederlande gemacht. Jetzt geht es für sie, ihren Freund Basti und den gemeinsamen Sohn Manuk weiter in den hohen Norden. Dabei immer im Blick: Die höchsten Gipfel jedes Landes in Europa.
Ein kleiner Zwischenfall
„Rumms!“ Ein lauter Knall. Ich springe auf, renne auf die Straße, wo unser Wohnmobil abreisefertig bereitsteht. Ein älterer Mann schält sich schwankend aus seinem Kombi, der vorne komplett verbeult ist. Zum Glück keiner verletzt! „Entschuldigung, ich hab’s einfach nicht gesehen“. Zerknirscht gibt mir der Mann die Hand. Wie kann man unseren sechs Meter langen VAN I PLATINUM SELECTION 550 MD einfach übersehen und ungebremst hineinfahren? Der Rahmen des fabrikneuen Wohnmobils ist verzogen, die Radkasten eingedrückt, die Heckgarage schließt nicht mehr. So können wir leider nicht weiterfahren – Ersatz muss her, und das zur Hauptferienzeit. Gar nicht so einfach, aber das Marketing-Team von KNAUS schickt uns die Adresse eines Händlers in Schifferstadt, in der Nähe des Unfallortes. Riki Steca, die Chefin von Rikis Wohnmobile, kümmert sich persönlich und mit viel Engagement um unser Anliegen und schafft es entgegen aller Prognosen, doch noch ein Reisemobil für uns zu finden.
Kurz darauf können wir den SKY TI 650 MEG abholen und lernen nicht nur die Chefin persönlich, sondern auch ein sehr nettes Team kennen, das mit viel Herzblut bei der Arbeit ist. Im Laufe unserer Reise durch Europa haben wir das dichte Netzwerk an Händlern sehr zu schätzen gelernt. Man wünscht sich zwar, dass man nicht oft Hilfe braucht, aber wenn es doch mal der Fall ist, freut man sich, rasche Hilfe zu bekommen. Außerdem durften wir feststellen, dass „die mit den zwei Schwalben“ zusammenhalten und sich gerne auch gegenseitig unter die Arme greifen. Stolz verstauen wir unsere Besitztümer in den übersichtlich angeordneten Schubladen und Schränken des SKY TI. Unser Outdoor-Equipment kommt in die besonders geräumige Heckgarage. Jetzt aber nichts wie los!
Jetzt geht’s los
Mit einer kleinen Verspätung im Tourenplan stehen wir dann endlich vor den drei höchsten Erhebungen Dänemarks. Zuerst galt der „Yding Skovhoj“ mit 172,66 Metern als der höchste Punkt, bis man festgestellt hat, dass sich auf seinem Gipfel ein Hügelgrab aus der Bronzezeit befindet, also die Erhebung nicht natürlich ist. In den dänischen Schulbüchern ist deshalb der „Mollehoj-Ejer Bavnehoj“ als höchster Berg aufgeführt, der mit 170,86 Metern immerhin stolze 51 Zentimeter höher als sein nur wenige hundert Meter entfernter Nachbar ist. Skurril: Auf dem höchsten Punkt Dänemarks steht ein Kuhstall, neugierige Bewohner inklusive.
Auf nach Norwegen
Wir beschließen, noch in der Nacht ein paar Kilometer aufzuholen und fahren weiter gegen Norden. Nach einer „romantischen“ Nacht an der Autobahnraststätte wollen wir auf die Fähre nach Larvik in Norwegen einchecken, als uns am Schalter mitgeteilt wird, dass unser Reisemobil zu hoch sei. Doch auf der Fähre nach Kristiansand wäre noch ein Platz frei. Warum nicht? Wir sind spontan und landen nach einer Nacht auf der Fähre in der norwegischen Kleinstadt, knapp 700 Kilometer vom höchsten Berg des Landes entfernt. In Norwegen darf man nur 80 Kilometer pro Stunde fahren – eine ideale Geschwindigkeit für unseren SKY TI, der so kaum mehr als ein Kombi verbraucht.
Die Strecke, die man in Deutschland innerhalb von wenigen Stunden zurücklegen könnte, dauert hier drei Tage. Langeweile? Fehlanzeige! Meinetwegen hätte die Fahrt sogar einen ganzen Monat dauern können. Überall warten die tollsten Fotomotive. Hier zeigt sich die größte Schwierigkeit von „Abenteuer Europa“: Wir können nicht lange stehen bleiben, um auf besseres Licht oder die passende Atmosphäre zu warten. Denn eigentlich müssen wir uns beeilen, um unseren ohnehin schon gekürzten Zeitplan einzuhalten. Mein Mann und ich wägen ab: Ich würde am liebsten alles fotografieren, Basti möchte gleich zum Berg fahren und erstmal das Wichtigste abhaken. Wie immer ist ein Kompromiss zwischen unseren beiden Punkten die beste Lösung: Wir fahren rasch durch das besiedelte Land, nehmen uns aber Zeit für den Sonnenuntergang und Sonnenaufgang auf einem einsamen, wilden Hochplateau. Es wird der einzige wirklich schöne Sonnenuntergang in Norwegen bleiben, die meiste Zeit regnet es oder es bleibt bewölkt mit zeitweisen Wolkenlücken.
Meine Foto-Tipps
Foto-Tipp 1: Auch aus dem fahrenden Auto heraus gelingen schöne Bilder, wenn man nicht anhalten kann. Ich experimentiere sehr gerne mit einer längeren Verschlusszeit, je nach Fahrgeschwindigkeit mit ca. 1/100 bis zu 1/30 Sekunde. So verschwimmt die vorbeiziehende Landschaft und das Bild vermittelt den Eindruck von Bewegung und Geschwindigkeit.
Foto-Tipp 2: Man hat als Fotograf nicht immer den Luxus, auf das richtige Licht warten zu können. Aber lieber doch ein Foto machen, als die Kamera einfach in der Tasche zu lassen. In der prallen Mittagssonne spiele ich beispielsweise gerne mit den harten Schatten-Kanten, und mache gerne Fotos mit Licht und Schatten, die an Schwarz-Weiss Fotografie erinnern. Oder ich inszeniere die sengende Sonne in klassischer Sternform. Bei einer kleinen Blendenöffnung von beispielsweise f16 oder f22 wirken die bekannten Blendensterne am besten.
Bereit für den Gipfel
Das schlechte Wetter hat Norwegen fest im Griff: Wir haben laut Wettervorhersage nur einen einzigen Tag, um auf den höchsten Berg, den Galdhopiggen zu klettern. Davor und danach sind Windböen von über 50 Stundenkilometern vorhergesagt, bei erwarteten -5 Grad kein Spaß. Der höchste Berg Skandinaviens ist 2.469 Meter hoch. Bis vor 37 Jahren galt noch der benachbarter Glittertind als der höhere Gipfel, allerdings verlor er durch den schmelzenden Gipfel-Gletscher an Höhe. Der Galdhopiggen besitzt auch mehrere zurückgehende Gletscher und ganzjährige Schneefelder, jedoch nicht auf der Spitze. Laut Messungen schrumpfte eines der Schneefelder in den letzten zehn Jahren pro Jahr um zehn Meter. Und in diesem Rekordsommer schmolzen sogar schon zwanzig Meter!
Bei der Bergbesteigung müssen wir einen der Gletscher queren. Wir gehen in unserer bewährten Zweierseilschaft: Basti läuft voran, ich folge mit einem Seil gesichert im Abstand von etwa acht Metern. Wenn einer von uns in eine Spalte stürzen würde, hätte der andere noch Zeit, sich mit dem Eispickel im Boden festzukrallen, um so den tödlichen Fall (hoffentlich) aufzuhalten. Jeder von uns trägt seinen Pickel gut greifbar, ebenso hängen ein paar Eisschrauben und Schlingen an unseren Klettergurten, um im Ernstfall wieder am Seil aus der Gletscherspalte nach oben klettern zu können.
Der Höhepunkt
Die Gletscherquerung erweist sich jedoch nicht als Problem: Viel schwieriger sind dagegen die vereisten Stellen zwischen den Steinen auf dem felsigen Gipfelgrad. Der Weg dauert länger als erwartet, doch wir werden für die Mühen mehr als belohnt: Als wir auf dem höchsten Punkt Skandinaviens stehen, reißt die Wolkendecke für ein paar Sekunden auf: Ich bekomme Gänsehaut, so schön ist der Ausblick. Für einen Moment lasse ich auch das Fotografieren sein und genieße den Moment. Aus eigener Kraft auf einem Berg zu stehen und auf die Landschaft unter mir zu blicken gibt mir das Gefühl vollkommener Freiheit und innerer Ruhe.
14 Kilometer und 8 Stunden später sind wir glücklich und zufrieden wieder am Camper und genießen den Komfort einer heißen Dusche, gefolgt von einer warmen Mahlzeit. Dank übersichtlich angeordneter Küche und modernem Kochfeld geht das Kochen auch nach einem langen Tag flott von der Hand. Wir lassen den Abend bei einem Glas Rotwein im beheizten und gemütlich beleuchteten SKY TI ausklingen.
Am nächsten Tag geht es weiter – neuen Gipfeln entgegen.
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Ulla Lohmann ist Expeditionsfotografin und -filmerin, unter anderem für GEO, National Geographic & BBC. „Don’t Dream it – Do it“ ist ihr Motto. Schon als Kind liebt sie es, sich Abenteuer-Geschichten auszudenken und sie dann zu verwirklichen. Heute ist Ulla auf Expeditionen in der ganzen Welt unterwegs und erzählt Geschichten von entlegenen und unerforschten Orten.